In vielen ländlichen Regionen Deutschlands stehen Wohnhäuser, Hofstellen oder kleinere Gewerbeimmobilien leer.
Während in Ballungsräumen Wohnraum knapp und teuer ist, verschwinden im ländlichen Raum mitunter ganze Straßenzüge langsam aus dem funktionierenden Gefüge. Der Grund: Bevölkerungsschwund, Strukturveränderungen und ein gestiegener Anspruch an Wohnqualität. Die Folge sind Abwanderungen aus ländlichen Gebieten hin zu urbanen Wohnräumen.
Doch in dieser Entwicklung liegt auch ein großes Potenzial – für Eigentümer, Bauherren und Kommunen gleichermaßen. Wer bereit ist, Bestehendes neu zu denken, kann durch kreative Umnutzung nicht nur Leerstand beseitigen, sondern auch langfristig Werte sichern.
Leerstand ist kein Mangel, sondern Potenzial
Die Bundesstiftung Baukultur schätzt, dass deutschlandweit über 1,9 Millionen Wohnungen leer stehen, das entspricht ungefähr 4,5 Prozent des gesamten Wohnbestandes. Besonders stark betroffen vom Leerstand sind strukturschwache Regionen Ostdeutschlands, Teile Bayerns, Hessens und das ländliche Nordrhein-Westfalen.
Dabei handelt es sich bei den leerstehenden Wohneinheiten häufig um Substanz mit Geschichte:
Alte Bauernhöfe, Gasthäuser, Werkstätten oder kleinere Verwaltungsgebäude aus dem 20. Jahrhundert entsprechen aufgrund ihres Baujahres und der damals gültigen Standards nicht den heutigen Anforderungen an Modernität, Wohnkomfort und Energieeffizienz, doch die Bausubstanz ist meist gut und bietet viel Potenzial für Modernisierungsprojekte.
Anteil in Prozent am Gesamtleerstand
Gründe für den Wohnungsleerstand in Deutschland (Quelle: deutschlandaltlas.bund.de)
Sonstiger Grund | 20 |
Geplanter Abriss oder Rückbau | 4 |
Künftige Selbstnuztung der Immobilie | 7 |
Verkauf des Gebäudes oder der Wohnung | 7 |
Laufende bzw. geplante Baumaßnahmen | 24 |
Innerhalb von drei Monaten für den Bezug verfügbar | 38 |
Kreative Umnutzung statt Neubau
Anstatt neu zu bauen, lohnt es sich zunehmend, bestehende Gebäude ressourcenschonend zu revitalisieren. Eine kluge Umnutzung reduziert nicht nur den Flächenverbrauch, sondern erhält auch gewachsene Strukturen, soziale Bezüge und architektonische Qualität.
Dorfschule zu Mehrgenerationenhaus
Ehemalige Bildungseinrichtungen bieten mit ihren großzügigen Räumen ideale Voraussetzungen für gemeinschaftliches Wohnen verschiedener Altersgruppen.
Scheune zu Atelier
Landwirtschaftliche Nebengebäude mit hohen Decken und großen Flächen werden zu lichtdurchfluteten Arbeits- und Kreativräumen umgestaltet.
Bäckerstube zu Tiny Living
Kleine Gewerbeeinheiten in Ortskernen eignen sich perfekt für moderne Mikroapartments für Studierende oder Singles.
Die zeitgenössische Architektur bietet eine große Bandbreite an innovativen Konzepten, mit denen aus bestehender Bausubstanz moderne Wohnideen nach höchsten Standards entstehen können.
Eigentum weiterdenken – mit Weitblick für Finanzierung und Bestand
Wer ein Gebäude aus altem Baubestand besitzt oder erwirbt, steht vor einer entscheidenden Aufgabe: Die Neunutzung muss sowohl baurechtlich als auch wirtschaftlich realistisch geplant werden. Gerade größere Umbaumaßnahmen, wie zum Beispiel:
- energetische Sanierungen,
- Grundrissanpassungen,
- Veränderungen im Sinne des barrierefreien Wohnens,
können schnell nicht zur zu einer bürokratischen, sondern auch zu einer wirtschaftlichen Herausforderung werden.
Nur mit einer soliden Finanzierung lassen sich umfangreiche Modernisierungskonzepte langfristig verlässlich stemmen.
Wer plant, vorhandenes Eigentum an moderne Wohnanforderungen anzupassen, sollte bei größeren Umbaumaßnahmen von Anfang an die Finanzierung im Blick behalten und die Leistbarkeit erforderlicher Informationen während des gesamten Planungs- und Umsetzungsprozesses mitzudenken.
Das bedeutet auf den Punkt gebracht: wer einen Kredit für den Umbau seiner Immobilie in Anspruch nimmt, sollte nicht nur Förderoptionen durch öffentliche Stellen mitberücksichtigen, sondern auch eine eventuell erforderliche Anschlussfinanzierung rechtzeitig planen.
Zahlreiche Altkredite aus den 2010er-Jahren mit durchschnittlichen Laufzeiten laufen demnächst aus. Sie basierten auf günstigen Zinssätzen, die sich für eine Anschlussfinanzierung so nicht mehr realisieren lassen. Wer vorausschauend plant, kann durch einen rechtzeitigen Wechsel und umfangreiche Vergleiche meist bessere Konditionen und damit entscheidende finanzielle Vorteile erreichen. Insbesondere, wenn größere Investitionen in Altbestand bevorstehen, ist die intelligente Verzahnung von Baukonzept und Finanzierungsstruktur heute ein Muss.
Neue Wohnformen erfordern neue Denkweisen
Die klassische Familie mit zwei Kindern im Einfamilienhaus mit Garten ist längst nicht mehr das einzige Leitbild moderner Wohnkonzepte. Neue Wohnformen – vom Co-Living über Mehrgenerationenmodelle bis hin zu temporärem Wohnraum für Pendler oder digitale Nomaden – gewinnen an Bedeutung.
Gerade auf dem Land gibt es dafür oft günstige Voraussetzungen:
- Platz, Ruhe und
- Potenzial für gemeinschaftliche Konzepte.
Gasthaus zu Pflegekräfte-WG
Ein ehemaliges Gasthaus mit zehn Zimmern kann zur WG für Pflegekräfte werden, die im nahen Krankenhaus arbeiten.
Bauernhof zu Senioren- Wohngruppe
Ein leerstehender Bauernhof wird zur Wohngruppe für Senioren mit ambulant betreutem Wohnangebot.
Werkstatt zu Co- Working Space
Ehemalige Handwerksbetriebe bieten ideale Voraussetzungen für moderne Arbeitsplätze für digitale Nomaden und Pendler.
Während Neubauten eine spätere Umwidmung in diesem kreativen Umfang häufig nicht mehr möglich machen, bietet Wohnraum im Altbestand nicht selten eine ideale Grundlage für Wohnkonzepte, die die Zukunft mittragen.
Energetisch modernisieren, ohne den Charakter zu zerstören
Eine besondere Herausforderung besteht in der Verbindung von Substanzerhalt und energetischer Modernisierung. Dämmung, Heizungstausch, Fenstererneuerung – viele tief in die Grundstruktur eines Gebäudes eingreifende Veränderungen sind notwendig, um heutigen Standards zu entsprechen.
Gleichzeitig geht es darum, den architektonischen Charakter von älteren Bestandsbauten zu bewahren. Förderprogramme wie die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) oder spezifische KfW-Zuschüsse unterstützen Sanierer bei diesem Balanceakt.
Wissenswertes für Bauherren:
Aus Gründen der Qualitätssicherung wurde die Anerkennung als „Energieberater Denkmal“ ins Leben gerufen. So wird sichergestellt, dass die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude unter fachlich qualifizierter Aufsicht erfolgt.
Um eine KfW Denkmalschutz-Förderung zu bekommen, darf ein KfW-Effizienzhaus Denkmal lediglich einen rund 60 Prozent schlechteren Energiebedarf als Neubauten aufweisen. Der erforderliche Energiebedarf wird an die erhaltenswerte Bausubstanz angepasst und die Fördervoraussetzungen für Denkmalimmobilien erleichtert.
(Quelle: das-baudenkmal.de)
Beratung
- Frühzeitige Konsultation von Fachleuten für Energieeffizienz und Denkmalschutz
Planung
- Entwicklung eines ganzheitlichen Konzepts, das Charakter und Effizienz verbindet
Förderung
- Beantragung von Zuschüssen durch BEG und KfW-Programme
Umsetzung
- Fachgerechte Sanierung mit Fokus auf Substanzerhalt und Energieeffizienz
Es ist Zeit, die Geschichte weiterzuschreiben
Viele ältere Häuser erzählen Geschichten:
Sie waren Treffpunkt, Arbeitsplatz, Heimat für Generationen. Eine kluge Umnutzung bedeutet deshalb auch, Verantwortung zu übernehmen – für Geschichte, Baukultur und die Zukunft der Region. Denn mit jedem revitalisierten Haus wächst auch die Chance, ländliche Räume wiederzubeleben und jungen Menschen Perspektiven zu geben.
Gerade in Zeiten von Ressourcenknappheit und steigenden Baukosten ist es nicht mehr zeitgemäß, alles neu zu errichten. Umbauen heißt nicht, sich mit überholten Standards zu begnügen – sondern die bestehende Substanz zu nutzen und daraus etwas Zeitgemäßes zu erschaffen.
Wer diese Haltung teilt, kann mit überschaubarem Budget echten Mehrwert schaffen. Und damit auch Eigentum erhalten, das so viel mehr ist als eine Immobilie:
Ein Zeitzeuge, ein Zuhause, ein Statement, eine Investition in Zukunft.
Kulturelles Erbe
- Bewahrung regionaler Bautraditionen und historischer Substanz für kommende Generationen
Soziale Verantwortung
- Schaffung von Wohnraum und Begegnungsorten, die Gemeinschaft fördern und Dörfer beleben
Ökologische Nachhaltigkeit
- Reduzierung des Flächenverbrauchs und Schonung wertvoller Ressourcen durch Umnutzung
Zukunft umbauen heißt Verantwortung übernehmen
Kluge Umnutzungskonzepte verbinden soziale Verantwortung mit wirtschaftlicher Weitsicht. Sie schonen Ressourcen, schaffen lebendigen Wohnraum und helfen, die Herausforderungen des ländlichen Wandels konstruktiv zu gestalten. Für Eigentümer bieten sie die Möglichkeit, langfristige Wertsteigerung zu erzielen – wenn Planung, Finanzierung und Gestaltung zusammenpassen. Altbestand ist kein Rückschritt, sondern oft ein architektonischer Schatz, der nur darauf wartet, in neuem Licht zu erstrahlen.